23.07.2024
Ich befinde mich im Wald, die Sonne ist untergegangen und langsam wird es immer dunkler. Noch ist es aber nicht dunkel genug für ein Schauspiel, dass ich nur gut 2 Wochen im Jahr beobachten kann.
Es ist der Tanz der Glühwürmchen.
Als die Amsel ihr letztes Lied an diesem Tag gesungen hat, wird es still um mich herum. Meine Sinne arbeiten auf Hochtouren. Ich nehme jedes Knacken um mich herum wahr und weiß, ich bin nicht alleine im Wald.
Ich schaue in die Dunkelheit und suche, denn hören kann ich die Glühwürmchen nicht. Wo wird das erste Leuchten zu sehen sein? Dann erkenne ich für einen Moment einen fliegenden grünen Punkt, der auch wieder verschwindet. Kurz darauf taucht an anderer Stelle ein weiterer auf. Von Minute zu Minute werden es mehr. Leuchtend fliegen die Glühwürmchen umher. Die Kamera ist schon vor dem ersten sichtbaren Glühwürmchen bereit. In der Dunkelheit muss ich sie blind bedienen können. Eine Taschenlampe schalte ich dafür nicht ein. Und obwohl ich weiß, dass ich auch heute, wie in jeder anderen Nacht, gefühlt viel zu wenig Zeit habe, um diese Augenblicke festzuhalten, nehme ich zwischendurch die Kamera zur Seite und sehe mich um.
Dutzende grünliche Punkte tanzen um die Bäume und auch um mich herum. Etwas anderes ist von den Glühwürmchen nicht zu sehen. Nur ihr Licht.
Auch wenn ich weiß, dass es fliegende Käfer sind, die Leuchtorgane haben, scheinen es einfach nur schwebende kleine grüne Lichter zu sein, die sich magisch durch die Luft bewegen.
Es ist für mich ein Zauber der Nacht, und ich genieße jeden Moment, egal ob mit oder ohne Kamera.
Seit drei Jahren bin ich im Sommer unterwegs und versuche, meine Begeisterung und Faszination für dieses Phänomen mit unterschiedlichen Techniken in Fotografien festzuhalten.
In jedem Jahr waren die Bedingungen anders. Mal gab es weniger, mal mehr Glühwürmchen. Mal war es schwül-warm, mal brauchte ich sogar Pullover und Jacke. Mal schien vorher die Sonne, mal regnete es abends in Strömen. Weder viele Mücken noch der Regen habe mich davon abgehalten, mich nachts auf den Weg zu machen und Glühwürmchen zu beobachten. Doch nicht nur jedes Jahr, sondern auch jeder einzelne Tag ist anders. Die Zahl der Glühwürmchen, sowie auch ihre Aktivität variiert. Und so muss ich immer wieder neu auf die Situation eingehen und habe entsprechende Möglichkeiten, zu fotografieren.
Das Ergebnis von diesen drei Jahren sind sehr unterschiedliche Bilder: einige sind eher dokumentarisch, andere völlig abstrakt. Es ist das Spiel mit der Kamera. Es sind Ideen, die ich im Kopf habe und umsetzen möchte. Schnell merke ich, dass drei Jahre dafür nicht ausreichen, aber dennoch zeige ich hier jetzt eine Auswahl der bereits entstandenen Bilder, über die ich mich sehr freue.
Die Glühwürmchen tanzen weiter um mich herum, ziehen ihre Leuchtspuren in die Dunkelheit. Manchmal kommen sie ganz nah, setzen sich sogar auf mein Objektiv oder Fotorucksack. Wenn sie nicht leuchten, sind sie nicht zu sehen.
Mittlerweile ist es fast ganz dunkel. Ich kann die Bäume nur noch schemenhaft wahrnehmen. Mücken schwirren immer noch um mich herum, so einige haben auch eine freie Stelle an meinem Körper gefunden.
Ich bleibe im Wald, bis die Glühwürmchen nicht mehr leuchten und die Magie dieser Nacht verklingt.
Gut, dass ich weiß, wo der Weg entlangführt, der mich aus dem Wald heraus und wieder nach Hause bringt. Es ist so dunkel, dass man sich im Wald ohne Licht nur langsam orientieren und fortbewegen könnte, wenn man sich nicht auskennt. Denn eine Lampe lasse ich aus, solange es eben geht. Das Licht würde den Glühwürmchen nur schaden.
Nach gut zwei Wochen war ich zum letzten Mal in diesem Jahr wegen der Glühwürmchen nachts im Wald. In den folgenden Tagen hieß es erst mal, wieder ausreichend zu schlafen.
Mit dem letzten Bild begann auch wieder das Warten. Darauf, dass die Glühwürmchen wieder fliegen. Noch 11 Monate und 2 Wochen sind es vom letzten Bild diesen bis zum ersten Bild nächsten Jahres. Alleine bei dem Gedanken daran kribbelt es und es schleicht sich in Lächeln in mein Gesicht…
In der Galerie gibt es jetzt auch eine Seite dazu, mit weiteren Bildern!