Wilde Bären in Slowenien

17.08.2023

Stille umgibt mich. Nur ab und zu ist ein Vogel zu hören.

Ich sitze in einer Beobachtungshütte für Braunbären. Hier im Süden von Slowenien hat man eine gute Chance, sie beobachten zu können. 


Man braucht Zeit, Geduld und Selbstbeherrschung. 

Denn bei dem kleinsten Anzeichen von menschlicher Existenz würden die Bären sofort die Flucht ergreifen. So die Aussage unseres Guides. Das bedeutet für mich und auch die anderen Fotografen: keine Bewegung: kein Scharren der Füße über den Boden, kein Versetzen des Stuhles, auf dem man sitzt, kein Öffnen oder Schließen von Reißverschlüssen, kein Licht - kein kurzes Schauen auf das Display des Handys, Deaktivierung des Autofokushilfslichts an der Kamera - keine Möglichkeit, das Objektiv zu wechseln, weil auch das zu laut ist, und keine Möglichkeit, zur Toilette gehen zu können. Einfach unsichtbar und unhörbar sein. Im Alltag machen wir uns wenig bewußt, wieviele Geräusche wir von uns geben. Hier ist jede Bewegung hörbar.


Seit über einer Stunde sitzen wir nun in unseren Verstecken. Es tut sich draußen nichts. Hin und wieder fliegt mal ein Vogel vorbei. Unsere Kameras müssen still bleiben. Auch sie sollen wir nicht bewegen. Denn alleine durch eine schnelle Bewegung des Objektivs, was vorne aus der Tarnung schaut, könnten die Bären verschreckt werden. 


Wir bleiben weiter still sitzen. Und warten. 

Die Augen fallen zu. Die für mich größte Herausforderung ist, nicht einzuschlafen. Immer wieder kämpfe ich dagegen an. 

Plötzlich nehme ich eine Bewegung wahr. Eine Bärin mit drei Jungen kommt in unser Sichtfeld. Sofort bin ich hellwach.

Aber noch sollen wir nicht fotografieren. Erst soll die Bärin anfangen zu fressen und sich etwas entspannen, dann erst können wir wagen, vorsichtig die ersten Bilder auf der Speicherkarte festzuhalten. 

Man hört jedes Klacken des Spiegels der Spiegelreflexkameras, auch das in der Hütte nebenan. Es kommt einem noch lauter vor, in dieser Stille. Serienaufnahmen sollen wir daher nicht machen, ich verstehe, warum.


Die Bärin schaut sich immer wieder um, hat ihre Umgebung die ganze Zeit im Blick. Uns scheint sie nicht als Menschen wahrzunehmen. Auch die jungen Bären fressen vom ausgestreuten Mais. Sie laufen immer wieder hin und her, legen sich dann auch mal hin und machen eine kurze Pause.


Zwischendurch schaue ich nicht auf den Bildschirm der Kamera, sondern durch das Fenster der Hütte nach draußen. So kann ich die ganze Szenerie noch anders auf mich wirken lassen. Als heimlicher Beobachter eines Raubtieres mitten in Europa. Und dabei sieht die Bärin, geschweige denn ihre drei Jungen, gar nicht danach aus. Man könnte hingehen und sie knuddeln. Mit ihrem dicken braunen Fell und ihren runden Ohren fordern sie einen geradezu auf. Trotzdem muss man sich beherrschen. Nichtmals seinem Sitznachbarn kann man sagen, was man gerade denkt. Kurze Blicke müssen gerade reichen. Alles weitere holen wir später nach.


Ich freue mich, ein Objektiv mit 400 mm Brennweite an meiner Kamera zu haben. Und selbst das ist mir heute zu wenig. Die Bären kommen nicht so nah, wie ich es mir gewünscht hatte. 

Bevor die Tour losging, haben wir mit mehreren Fotografen zusammengestanden. Jeder hatte seinen Rucksack gepackt und alle waren sich einig, dass wir nicht wissen, welche Brennweite heute die optimale sein würde. Von Weitwinkel bis Supertele soll alles möglich sein - und ist es auch. Je nachdem, wie die Bären sich bewegen und welches Bild man festhalten möchte. 

Aber in einem sind wir uns alle einig, und dies bestätigt sich auch im Wald: Lichtstärke ist ein sehr wichtiges Kriterium. Auch wenn wir am Nachmittag (und nicht in der Dämmerung) im Wald sitzen, ist es dort relativ dunkel. Wer also mit brauchbaren ISO-Zahlen arbeiten möchte, braucht ein extrem lichtstarkes Objektiv. 

Aus diesem Grund habe ich heute, am ersten Tag, keine größere Brennweite gewählt, und beschneide stattdessen später die Bilder. 


Die Bärin hat mit ihren Jungen den verstreuten Mais aufgefressen und verschwindet wieder im Wald. Ich schaue auf die Uhr. Eine Stunde lang konnten wir sie beobachten. Das kann doch gar nicht sein, die Zeit verging so schnell. 

Die Zeit, die wir jetzt noch regungslos in der Hütte verbringen werden, wird dafür um so länger. Denn nach wie vor gilt: unsichtbar und unhörbar bleiben. Es könnte ja durchaus sein, dass noch ein Bär vorbei oder zurück kommt. Das passiert aber nicht. Eine Bärin mit ihren drei Jungtieren ist auch so schon mehr, als ich mir erhofft hatte. Denn mein Wunsch war es, überhaupt einen Bären zu sehen! Wir sind schließlich nicht im Zoo, sondern draußen im Wald. Eine 100%ige Sicherheit gibt es nicht.

Nach insgesamt über 5 Stunden in der Hütte kommt unser Guide und holt uns wieder ab. Wir freuen uns alle sehr über die Begegnung mit der Bärin und ihren Jungen, erzählen auf dem Rückweg über unsere Erlebnisse und Beobachtungen, müssen jetzt aber erst mal eins: zur Toilette…..  und für den nächsten Tag hoffe ich auf eine weitere Begegnung.

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